Ich bin ein Verfechter eines starken Europas, auch unter Abgabe von nationalen Kompetenzen, wenn es alle wollen.
Ich stelle aber fest, dass wir von einem einigen Europa, und damit meine ich noch nicht die Vereinigten Staaten von Europa, so weit entfernt sind, wie lange nicht mehr. Die derzeitige Kleinstaaterei in Europa könnte nicht schlimmer sein und die ständigen Appelle nach engerer Zusammenarbeit scheitern an den großen nationalen Partikularinteressen, Mentalitäts- und Meinungsunterschieden der Mitgliedsstaaten. Wir Deutschen sind wahrscheinlich die Einzigen, die die Werte und Gesetze der Europäischen Union noch hochhalten und gebetsmühlenartig verteidigen. Alle anderen machen, was im nationalen Interesse ist.
Das wird in Zeiten der Münchner Sicherheitskonferenz und der beginnenden Regierungszeit der Trump-Administration besonders deutlich. Lange, zu lange haben wir uns in Europa und insbesondere in Deutschland, ausgeruht in dem Gefühl einen großen Bruder und Beschützer, fairen Handelspartner und „Werteverwandten“ auf der anderen Seite des Atlantiks zu haben.
Jetzt stellen wir schmerzlich fest, wie schnell sich Dinge ändern können und das muss jetzt auch mal ein heilsamer Schock sein.
Ich verstehe jeden Deutschen Politiker, wenn er den europäischen Gedanken hochhält, aber wir müssen jetzt mal einsehen, das wir in dieser „Verfassung“ kein Tiger, sondern eher ein Bettvorleger sind. So kann man keine Handelsmacht dem Rest der Welt gegenüberstellen, keine Forderungen stellen „Am-Tisch-Sitzen“ zu wollen, keine militärische Machtposition und auch sonst nichts einnehmen. Bitte begreift das endlich mal und tut nicht so, als wäre alles Eitel-Sonnenschein.
Macht einen Plan für die Zukunft, was WIR wirklich wollen, denn was die Ungarn oder die Polen wollen, können wir nicht beeinflussen. Kreiert eine Idee, versichert euch der Unterstützung der Bürger, sucht die, die die Idee teilen und macht gemeinsame Sache.
Ja, ich weiß, das das in unserem politischen System nicht möglich ist, in 4 Jahren haben die Bürger wieder anders gewählt und das was WIR wollen, hat sich verändert. Die Zersplitterung Europas erleben wir in unserer Parteienlandschaft ja genauso und hautnah.
Man könnte fatalistisch werden mit diesem Gedanken, denn richtungsweisende Veränderungen sind auch in unserem Inneren unmöglich. Wir scheitern mit vielen Vorhaben an unseren eigenen Systemen. Wie soll das dann erst in Europa gehen, um ein gehörtes Schwergewicht zu werden, das wir sein wollen?
America first, haben wir in Europa auch. Ungarn first, GB first, Polen first…. nur wir Deutschen ordnen uns lieb unter. Trump zeigt uns derzeit, wo der Hammer hängt und wir hauen uns das Köpfchen an der Klagemauer ein, bis Blut kommt. Wird Zeit, dass wir unser nationales Selbst-Vertrauen wieder gewinnen und uns als europäische Zugmaschine entwickeln.
Aufwachen Deutschland! Haben wir die Fähigkeit nicht, einzusehen, einzugestehen und folgerichtig zu handeln? Nein, dann werden wir bald tiefer in der Krise stecken, als uns lieb ist. Wie ein alkoholkranker Mensch, der seine Krankheit nicht sieht, leugnet, bis er so tief im Dreck liegt und die Erkenntnis reift, das was geschehen muss. Dann wird es hart.